Wir arbeiten schon eine Weile daran, unser Badezimmer plastikfreier zu gestalten und haben auch schon einige Tipps dazu gegeben, z.B. hier oder hier.
Eine der ersten Umstellungen, und für uns die leichteste, war, auf Duschgel zu verzichten und stattdessen feste Seifen zu benutzen.
Doch, nachdem uns klar wurde, dass z.B. Lush keine Naturkosmetik anbietet, sondern lediglich auf tierversuchsfreie Kosmetik wert legt, sind wir einen Schritt weiter gegangen und lassen nun auch nur noch Naturkosmetik an unsere Haut. Wie passend, dass sich eine Freundin von uns mit dem wichtigen Thema Seifen auseinandergesetzt und mit ihrem Start-up Reinland Seifen* seit Anfang des Jahres selbstständig gemacht hat.
Die Seifen für Hand und Körper sind alle handgesiedet und Naturseifen. Weil wir über das Jahr verteilt die Seifen schon testen durften, und so begeistert waren von Geruch, Wirkung, dem Produkt und eben auch der Firmenphilosophie, möchten wir Jutta Westphal und ihre Reinland Seifen heute näher vorstellen.
Jutta, du hast nicht immer schon Seifen gesiedet, sondern arbeitest in der Werbung. Wie kam es dazu, dass du angefangen hast, Seifen selbst zu produzieren?
Eigentlich wollte ich nur den Plastikmüll aus unserem Badezimmer verringern und meiner Haut etwas Gutes tun. Dass sich dann ein kleines Seifen-Start-up daraus entwickelt hat, war absolut nicht geplant. Es hat sich einfach so ergeben.
Ich stelle mir beim Seife sieden ja immer so eine Art Chemiebaukasten vor und auf dem Barcamp Ruhr in Essen hast du eindrücklich gezeigt, wie man Seifen selbst macht. Für alle, die nicht dabei waren: Was braucht man denn eigentlich so zum Selbermachen?
Naturseife besteht aus Fetten und Lauge. Man kann mit dem anfangen, was man sowieso in der Küche hat. Beispielsweise Olivenöl und Kokosöl. Dann braucht man zum Verseifen der Fette noch eine Lauge aus Natriumhydroxid (Achtung, die muss genau berechnet werden!) und destilliertem Wasser, ein paar Küchenutensilien, Silikonformen und Sicherheitskleidung (Handschuhe, Schutzbrille, langärmliges Oberteil). Lauge ist stark ätzend und man muss bei der Verarbeitung sehr vorsichtig sein.
Wenn man sich mit der Basis vertraut gemacht und gelernt hat, wie man die Lauge richtig berechnet und einige Male erlebt hat, wie der Seifenleim (die Mischung aus den Fetten und der Lauge) sich verhält, geht man einen Schritt weiter. Dann fängt man an, mit teureren Ölen zu arbeiten oder mit Farben, Düften, verschiedenen Überfettungen und hautpflegenden Zusätzen zu experimentieren.
Das klingt nicht unkompliziert, ziemlich teuer und aufwändig. Aber nun verkaufst du ja die Seifen auch in deinem Shop. Was ist denn der Unterschied zwischen selbst gemachten Seifen im eigenen DIY (Do-it-yourself) und denen, die du herstellst?
Der wichtigste Unterschied ist wohl, dass meine Seifen von einem Kosmetik-Labor geprüft sind und dass man sie nach der Bestellung sofort verwenden kann. Der größte Nachteil bei selbst gesiedeter Seife ist nämlich, dass man sie mindestens sechs Wochen reifen lassen muss, ehe man sie verwenden kann.
Deine Seifen sind frei von tierischen Fetten, Erdöl und Palmöl. Neben Oliven- und Kokosöl verwendest du auch Fette, die nicht jeder im Schrank stehen hat. Beispielsweise Sheabutter, Mandelöl oder Kakaobutter. Was macht die Seifen dann in der Anwendung so besonders?
Meine Hand- und Körperseifen sind pflegend und mit 12 % überfettet. Das bedeutet, dass nicht alle verwendeten Öle und Fette verseift sind, sondern in ihrer ursprünglichen Form in der Seife bleiben. So wird die Haut beim Duschen direkt gepflegt. Weitere Pflege kommt von dem natürlichen Glycerin, welches bei der Verseifung entsteht.
Ich verwende Öle und Rezepturen, die besonders pflegend und mild zur Haut sind. Das gleiche gilt für meine Haarseifen (ab Sommer im Shop). Sie sind auf die Bedürfnisse von Haaren und Kopfhaut abgestimmt und unterscheiden sich aufgrund der Inhaltsstoffe von den Duschseifen.
Seifen sind also rückfettend im Vergleich zu Duschgel. Aber nun gibt es ja diverse Bezeichnungen für feste Bars: Shower Jelly, Shampoo, Duschbrocken, Seife für Hände, Seife für Körper, Seife und Shampoo für die Haare. Magst du kurz die Unterschiede erklären?
Handgesiedete Seife besteht hauptsächlich aus Ölen und Fetten, einer Lauge sowie ggfs. Farbe, Duft und hautpflegenden Zusätzen wie z. B. Tonerde, Honig, Avocadomus, Seidenprotein etc. Sie müssen nach der Produktion mindestens 5 – 6 Wochen reifen.
Bei den sogenannten Shampoo-Bars oder auch z. B. den Duschbrocken handelt es sich um festes Shampoo/Duschgel, das oft genau die Inhaltsstoffen enthält, die viele Verbraucher*innen gerne vermeiden möchten.
Ganz oben auf der Zutatenliste stehen hier nämlich Tenside, also Schaumbildner.
Einige dieser häufig verwendeten Tenside sind allerdings in Verruf geraten.Beispielsweise Sodium Lauryl Sulfate (SLS) oder Sodium Laureth Sulfat (SLES). Beide sind nicht verboten, sie sind zugelassen für Kosmetik. Allerdings gelten sie als hautreizend und sind teilweise aus Erdölprodukten hergestellt.
Natürlich gibt es auch Alternativen bei den Tensiden, die für Naturkosmetik zugelassen sind. Hier sollte man sich vorher ein bisschen schlau machen und die Inhaltsangaben auf den Produkten gut studieren.
Das klingt nach einer Wissenschaft für sich und leider völliger Intransparenz auf dem Markt - auch, weil die Inhaltsstoffe immer (auch) in „INCI” (Internationale Nomenklatur für kosmetische Inhaltsstoffe, also die lateinischen Begriffe) angegeben sind. Auf welche INCI-Bezeichnungen sollte ich denn achten, wenn ich eine gute Seife kaufen möchte?
Die INCIs sind wirklich total unverständlich. Beispielsweise ist die INCI-Bezeichnung für Mandelöl „Prunus amygdalus dulcis oil“. Auch ich muss immer wieder Google zur Hilfe nehmen, wenn ich mir die Inhaltsstoffe von Seifen anderer Sieder angucke. Ich finde es immer toll, wenn auch die „Klarnamen“ mit auf dem Produkt stehen.
Ansonsten müssen die Inhaltsstoffe – wie bei Lebensmitteln – nach ihrem prozentuellen Anteil am Endprodukt aufgeführt werden. Und wenn dann an den ersten Stellen der INCI-Namen etwas mit „Oil“ oder „Butter“ steht, spricht das schon mal für das Produkt.
Aber es ist noch komplizierter: Seifen unterliegen beim seriösen Verkauf ähnlich hohen hygienischen Standards wie Lebensmittel. Welche Auflagen musst du als Seifenproduzentin erfüllen?
Das ist alles unheimlich aufwändig. Beispielsweise darf man Seife, die man „in den Verkehr“ bringen – also verkaufen – möchte, nicht einfach in der eigenen Küche herstellen. Vielmehr braucht man eine separate Siedeküche, die vom Amt abgenommen und genehmigt werden muss. Ich habe daher bereit bei der Auswahl der Räumlichkeiten eng mit den Behörden zusammengearbeitet. Und das war auch gut so. Denn von den beiden Damen habe ich auch viele hilfreiche Tipps bekommen.
Aber mit der Auswahl und Einrichtung der Siedeküche war es natürlich noch nicht getan. Die Rezepte müssen von einem Kosmetik-Labor geprüft und freigegeben werden. Man braucht eine
Wareneingangskontrolle, einen Reinigungsplan, ein Siedeprotokoll, muss ich mit der Verpackungsverordnung beschäftigen, seine Produkte in ein europäisches Kosmetik-Register eintragen und und und.
Auch die steuerlichen Dinge darf man nicht vergessen. Los geht es mit der Gewerbeanmeldung und weiter geht es mit regelmäßigen Umsatzsteuermeldungen und natürlich der Einkommensteuererklärung am
Ende des Jahres.
Bisher gibt es deine Seifen in deinem Onlineshop* und saisonal auf Märkten und Veranstaltungen zu kaufen. Welche weiteren Verkaufsstätten bieten deine Seifen an und was kann ich tun, wenn ich sie gerne auch in einem Laden meines Vertrauens sehen würde?
Wer meine Seifen vor dem Kauf testschnuppern möchte, findet auf meiner Website eine Seite zu den Verkaufsstätten und den Märkten und Veranstaltungen, auf denen wir vertreten sind.
Da ich erst seit Anfang 2019 meinen Verkauf gestartet habe, sind das natürlich noch nicht besonders viele. Und falls jemand meine Seifen verkaufen möchte, kann er sich gerne an mich wenden. Kontaktdaten und weitere Infos finden man auf meiner Seite unter https://reinland-seifen.de/pages/verkaufsstellen-veranstaltungen oder https://reinland-seifen.de/pages/auftragssiederei-b2b.
Wenn ich dann eine Seife erworben habe… wie bewahre ich sie unter der Dusche denn am besten auf? Und, welche Produkte bietest du noch an, außer den handgesiedeten Seifen?
Wenn man handgesiedete Seifen nutzen möchte, braucht man ein bisschen was an „Ausstattung“.
Das ist nicht viel und muss auch nicht teuer sein. Ich empfehle z.B. statt einer Seifenschale einfach eine Luffa-Scheibe. Auf einem Stück dieser getrockneten Kürbispflanze kann die Seife wunderbar rundum abtrocknen. Das ist besonders bei Naturseife wichtig, da diese sich, wenn sie im Wasser liegt, auflöst.
Ich selber nutze zu Hause einen Magnetseifenhalter, den ich mit einem Saugnapf direkt am hinteren Waschbeckenrand angebracht habe.
Unter der Dusche empfiehlt sich ein Seifensäckchen. Hier wird die Seife hineingegeben und dort bleibt sie auch, bis sie aufgebraucht ist. Das Seifensäckchen fördert zum einen die Schaumbildung, sorgt dafür, dass die Seife gut in der Hand liegt und bietet noch ein leichtes Peeling beim Einseifen.
Und nach der Nutzung wird das Säckchen einfach aufgehängt und die Seife kann wunderbar trocknen.
Bei mir im Shop gibt es zwei Ausführungen, allerdings beide aus Kunststoff. Mit Seifensäckchen aus Naturfaser wie Baumwolle oder Sisal habe ich keine guten Erfahrungen gemacht, auch wenn ich sonst großen Wert auf Plastikvermeidung lege. Die Naturfaser saugt sich mit Wasser voll und braucht ewig, bis sie wieder durchgetrocknet ist. In der Zwischenzeit weicht die Seife im Inneren immer mehr auf.
Liebe Jutta, vielen Dank für diesen umfangreichen Einblick in die hohe Kunst des Seifensiedens. Uns freut es sehr, dass du mit deinen meist veganen Kreationen unseren Nerv triffst und wir begeisterte Seifen-Duscher*innen geworden sind.
Da wir neben der Duschseife inzwischen auch auf Handseife umgestellt haben, kam immer mal wieder die Frage nach der Hygiene auf. Bakterien und Viren überleben nicht auf Seifenstücken, so dass wir die Reinland Seifen auch, wie empfohlen, sowohl für die Hände als auch den Körper nehmen.
Natürlich teilen wir die Stücke mit einem Messer auf: Eins landet unter der Dusche, eins am Waschbecken, eins im Reiseetui. So lässt sich auch Plastik unterwegs vermeiden.
Der Transport erfolgt dann entweder in einer Metalldose oder einem Waschlappen, den man, angehäuft mit Seifenresten auch wunderbar noch mal zum Duschen verwenden kann.
Zu Hause verwenden wir Luffa-Scheiben und Seifenschalen, damit die Seife nach Gebrauch trocknen kann. Erstere sind, wie oben erwähnt, getrocknete Kürbisgewächse und als Naturschwamm perfekt nutzbar; durchtränkt mit Seifenresten lässt sich die Scheibe zum Beispiel als Peelingschwamm nutzen.
Für uns braucht es somit in dem Bereich kein Plastik mehr und wir freuen uns zudem, dass Jutta ihre Seifen auch ganz plastikfrei versendet, so dass wir die Reinland Seifen rundum empfehlen können.
Mehr Informationen gibt es auch auf ihrem Instagram-Account reinland_seifen - inkl. Shop-Updates und weiteren Erfahrungsberichten.
*Werbung (Dieser Artikel ist eine Kooperation mit Reinland Seifen. Die hier vorgestellten Seifen und eine zusätzliche Vergütung hatten keinerlei Auswirkungen auf unsere Meinungen, die Unternehmensvorstellung und das Interview. Kauft ihr über den o.g. Affiliate-Link (mit Sternchen gekennzeichnet) ein, erhalten wir zusätzlich eine kleine Provision.)
[daniela & heiko]