Radiergummitage von Miriam Pielhau

Facebook-Screenshot - Blog: http://inas-little-bakery.blogspot.de
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Alles begann mit einer kleinen Guerillaaktion des Dumont-Verlags, der einige Buchblogs mit wunderbarer Herzenspost beschenkte, und nachfragte, ob man neugierig geworden sei. Das machte sogar auch mich als Noch-Nicht-Empfängerin der Karte hibbelig und ich war gespannt, was der Verlag nun veröffentlichen würde. Das Ziel war erreicht.

 

Einige Zeit später war klar, um welches Buch und welche Autorin es genau ging: Radiergummitage von Miriam Pielhau. Einige kennen sie bestimmt als Moderatorin oder überhaupt dem Fernsehen. Selbst mir, auch ohne TV-Gerät, war sie keine Unbekannte und zusammen mit dem gelungenen Buchcover und Titel war ich bereit mich mit dem Buch zu beschäftigen, ohne noch zu wissen, worum es überhaupt und detailliert so geht. 

 

 

Abhilfe verschaffte uns dann, eher zufällig, Miriam Pielhau selbst. Sie startete ihre Lesetour zum Erscheinungstermin ihres ersten Romanes in Berlin (Apple Store, Kurfürstendamm - leider deshalb ohne Buchexemplare), exakt zu dem Wochenende, als wir die Loveletter Convention in der Hauptstadt besuchten. 

 

Ihre Lesung war wundervoll, Miriam Pielhau war extrem sympathisch und erzählte an dem Abend einige Anekdoten über die Geschichte um die Protagonistin Maja Pauly. Nicht unabsichtlich deuten bereits die Initialen darauf, dass es noch mehr Parallelen zu Miriam Pielhaus Leben in dieser Geschichte gibt, aber sie verweben sich wunderbar in die auch fiktiven Erlebnisse Majas in der grauen, mittelgroßen Stadt Braunschweig, in der sie sich als Theaterschauspielerin neben ihren männlichen Kollegen und Freunden behaupten muss. Doch, wer einen ausschließlichen Frauenroman erwartet, liegt falsch, um mal ein Fazit von Miriam Pielhau selbst, vorweg zu nehmen. Schon ihr Bruder, als Testleser, war überzeugt davon, dass auch Männer ihren Spaß an diesem Buch haben werden... Denn es ist mehr als nur eine Liebesgeschichte. Es ist eine Geschichte, die die Liebe zu sich selbst und das (Selbst-)Finden zu seinen eigenen Wünschen, Träumen und Vorstellungen vom Leben erzählt:

 

Maja Pauly ist 34 Jahre alt, hat in Leipzig Schauspiel studiert und ist seit einigen Jahren im festen Ensemble des Braunschweiger Stadttheaters als Hauptdarstellerin auf der Bühne zu sehen. Etwas, wovon einige ihrer Kollegen bisher nur träumen. Denn, auch, wenn die großen Ziele der rote Teppich und das große Scheinwerferlicht im Fernsehen sind, gibt es leider genug Theaterschauspieler, die sich von Saison zu Saison und von Vertrag zu Vertrag spielen müssen. Maja könnte also glücklich sein, zudem sie von ihrem Arbeitgeber auch noch ihre Wohnung und letztlich auch ihre Lebenshaltung bezahlt bekommt. Doch Maja steht etwas Grausames bevor: Sie wird in ein paar Tagen 35 Jahre alt. Und mit 35 ändert sich das Leben und die Leichtigkeit nun einmal rapide. Und überhaupt ist die 35 eine furchtbare Zahl. Keiner ihrer Freundinnen darf ihr also an ihrem Ehrentag zum Geburtstag gratulieren und eigentlich würde sie sowieso den Tag auch am liebsten aus dem Kalender streichen (so wie andere doofe Tage, die Radiergummitage, auch)...

Doch so einfach ist es nicht. Aufgeschoben ist nämlich nicht aufgehoben. Ihre Freundinnen wollen trotzdem einen schönen Geburtstagsabend mit ihr verbringen (wenn auch eine Woche später), ihre Mutter hält sich natürlich nicht an Vereinbarungen und auch die abendliche Theatervorstellung hält einige Geburtstagsüberraschungen für Maja bereit. 

 

So kommt sie also nicht darum herum, sich Gedanken zu machen. Über sich, die böse Zahl und ihr bevorstehendes, neues Lebensjahr.

Man könnte meinen, dass da die 700 Euro-Geldgeschenk von ihrer Mutter gerade richtig kommen, um mal richtig zu entspannen und es sich gut gehen zu lassen (wie im mütterlichen Brief mit vorgeschlagen).

Aber dieses wohl teuerste Geschenk legt viel mehr einen Grundstein zu einem ganz anderen Gedanken: Das 35. Lebensjahr möglichst schnell zu überstehen und das mit erfüllbaren Aufgaben (und nicht schon wieder nur Gutscheine anzunehmen, die sie dann doch nicht einlösen wird), die ein bisschen Aufwand benötigen, aber nicht so viel, dass sie länger als einen Monat dauern (von der Idee über die Vorbereitung bis hin zur Umsetzung).

„Majas Missionen" sind nun geboren und es gilt nun, Dinge und Aufgaben zu finden, die einem Spaß machen, die man vielleicht noch nie getan hat, immer mal machen wollte oder die so abstrus sind, dass erst jemand anderes diese Idee aufbringt. So wie die geheimnisvollen Briefe, die Maja ab und an bekommt. Sie weiß nicht von wem, aber fein säuberlich - mit der Schreibmaschine verfasst -, darf sie auf diesen anonymen Schreiben lesen, was sie als nächstes tun sollte. Und so sammeln sich die Aufgaben innerhalb eines Jahres zusammen: Sei es eine neue Fremdsprache lernen, einen Urlaub alleine zu bestreiten, als Mann auszugehen oder das Stricken zu erlernen. Die Aufgaben vielfältig und aufregend - wie ihr Leben selbst.

Da ist Luise, die mit ihrem Freund in Berlin zusammen ziehen will...

Da ist Edu am Theater, der jede Hauptrolle bekommt, weil keiner seinem Charme und seiner Ausstrahlung widerstehen kann - auch Maja nicht...

Da ist Paule, ihre gute Theaterfreundin, die Edu dann auch auf einmal ganz toll findet...

Da sind Greta und ihr Freund, die aufgeregt ihr erstes Baby erwarten - in Köln....

Da sind Lina und Schnebelchen, die so etwas wie eine Senioren-WG sind. Aber für Maja ist Lina auch so etwas wie eine Ersatz-Oma, mit der sie sonntags Karten spielt und über alles reden kann (ja, sogar und vor allem über ihr Liebesleben)...

Und natürlich gibt es da noch Majas Mutter Zsa Zsa, ihr Vater und ihren Bruder. Alle viel zu weit weg und manchmal doch viel zu nahe...

 

Mit großem Dank an den DuMont-Verlag für das signierte Exemplar.
Mit großem Dank an den DuMont-Verlag für das signierte Exemplar.

 

„Radiergummitage" erzählt also eine bunte Geschichte voller Erlebnisse und Erfahrungen aus der Sicht einer 35-Jährigen, die eigentlich gar nicht so alt werden mag. Und sie erzählen von Aufgaben, Ideen und Lebenszielen, die viel mehr sind als „1000 Places to see before you die". Denn es geht hier nicht um Lebensziele, sondern um schöne Dinge, die das Leben ein Jahr lang bereichern soll.

Das gelingt Miriam Pielhau in ihrem ersten Roman mit viel Charme, Wortwitz, Sympathie gepaart mit einer guten Dosis Tiefgang, Rührung und einigen nachdenklich stimmenden Szenen.

 

Vielleicht, weil ich nie Probleme und Angst hatte mit der 3 im Alter und Majas Ideensammelsurium trotzdem mag.

Vielleicht, weil ich den Wellnessurlaub der Schönheits-OP vorgezogen hätte und nicht verstehen kann, wie man sich - wenn auch nur temporär - Lachfältchen wegspritzen kann (erst recht nicht als Theaterschauspielerin) und mir das an der Stelle eine Nummer zu klischeehaft wurde mit dem Schönheitswahn. 

Vielleicht aber auch, weil ich am Ende da saß mit dem Buch in der einen und mit den Taschentüchern in der anderen Hand. 

 

 

[daniela]